Bundestagswahl 2017: Nach der Wahl
Im Koalitionsvertrag für die neue GroKo nach der Wahl 2017 findet sich die Finanztransaktionssteuer gleich zweimal:
- Zeilen 190f. "Die Einführung einer substantiellen Finanztransaktionssteuer wollen wir zum Abschluss bringen."
- Zeilen 3107f. "An dem bisherigen Ziel der Einführung einer Finanztransaktionsteuer im europäschen Kontext halten wir fest."
Freilich: Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre trauen wir nicht mehr den Worten, sondern den Taten. Und so scheint Finanzminister Scholz nicht allzu enthusiastisch zu sein, das Projekt „Finanztransaktionssteuer“ voranzutreiben. Der einzige MInister, der sich auch nach dem Wahlkampf und den Koaltionssverhandlungen zur Steuer bekannte ist Entwicklungsminister Müller, etwa in seiner Äußerung vom 17.5.2018.
Bundestagswahl 2017: Vor der Wahl
Im Vorfeld des Bundestagswahlkampf gilt es aus unserer Sicht, das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ in den Wahlprogrammen zu stärken und es mit dem Thema „Steuergerechtigkeit“ zu verbinden. Erste Kontakte mit den Parteien signalisieren eine klare Trennung in Lager, denen das Thema nicht wichtig ist und die die Verbindung nicht anerkennen (CDU, CSU, AfD, FW, FDP), denen das wichtig ist (LINKE) und jene, die sich damit schwer tun und sich daran abarbeiten (Bündnis 90/Die Grüne, SPD).
Wo die Parteien hinsichtlich des Themas "Steuergerechtigkeit & Armut" stehen, wird zunächst in den Fragebogen deutlich, den alle Parteien außer der AfD, FDP und den Freien Wählern beantwortet haben. Auf dieser Seite folgen Anmerkungen zu den Wahlprogrammen der Parteien:
AfD
Das Programm der AfD für den Bundestagswahlkampf unterscheidet sich nicht wesentlich vom Grundsatzprogramm der Partei. Auf S. 45f. des Leitantrags werden zwei Fragen für all jene aufgeworfen, die die AfD für die Partei des "Kleinen Mannes" halten: Einige Elemente zur Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen sind enthalten, aber: Die Frage ist , wie dies gegenfinanziert werden soll. Jedenfalls nicht durch eine verbesserte Besteuerung nach Leistungsfähigkeit: die Progression der Einkommensteuer wird zu Gunsten eines Stufentarifs abgeschafft, eine Obergrenze für Steuern und Abgaben eingeführt, Vermögen-, und Erbschaftsteuer werden abgeschafft. Deshalb können Einnahmenausfälle durch Entlastungen eigentlich nur durch Kürzungen bei Leistungen und öffentlichen Investitionen erzielt werden. Zu Steuerhinterziehung und -betrug sagen sie nichts, "Wettbewerbsfähigkeit" bei der Abgabenlast wird befürwortet. Ergo: Dieses Programm hat mit "Steuergerechtigkeit" wenig zu tun.
Bündnis 90/Die Grünen
2017
- 19.6. Im endgültigen Programm nicht viel Neues, aber es schneidet, etwa im Vergleich mit dem dem Programm der SPD, doch vergleichsweise gut ab.
- 8.3. Der Entwurf für ein Bundestagswahlprogramm wird vorgestellt. Wie schwer sich die Grünen mit dem Thema Steuern tun, wird allein dadurch deutlich, dass dazu kein gesondertes Kapitel im Programm enthalten ist, sondern die meisten Punkte unter dem Kapitel "Wir machen den Sozialstaat zukunftsfest" behandelt wird. Immerhin wird nicht mehr, wie im November 2016, von einer "Vermögensbesteuerung, sondern von einer "Vermögensteuer" gesprochen, ebenso von der Abschaffung der Abgeltungsteuer, einer Re-Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer, einem höheren Spitzensteuersatz, weniger Abschreibungsmöglichkeiten und der verbesserten Bekämpfung von Steuerhinterziehung gesprochen. Davon sollen Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen entlastet werden.
- 18.1. Die Kür von Cem Özdemir als zweiter Spitzenkandidat neben Karin Göring-Eckhart signalisiert eher einen Realo-Kurs für die Bundestagswahl und lässt, was Reichensteuern betrifft, wenig Gutes hoffen. Özdemir, wie Kretschmann Baden-Württemberger, teilt dessen Skepsis gegenüber einer Vermögensteuer, wenngleich er im November 2016 „nur“ noch davor warnte, sich auf dieses Thema festzulegen. Dies lässt aber ahnen, wie er zu dem entsprechenden Passus im Abschlusspapier der Bundesdelegiertenkonferenz steht.
2016
13.11. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz drücken die Delegierten einen Passage zu Reichensteuern in das Abschlusspapier, trotz des heftigen Warnens davor durch den Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte ist: Die Formulierungen dazu sind allerdings recht windelweich und es wäre zu hoffen, dass sie etwas konkreter werden.
CDU/CSU
2016
5.11. Die CSU gibt sich ein neues Grundsatzprogramm mit dem Titel "Die Ordnung". Auf den Punkt gebracht lautet meine Meinung: Die Worte sind schön, aber die Praxis nicht. Aufgrund des Forschungsschwerpunkts auf Bayern gilt diesem Programm besondere Aufmerksamkeit, weshalb hier eine kurze Stellungnahme mit Zitaten und Kommentierung eingestellt ist.
FDP
Die FDP enttäuscht keine Erwartungen ihres Klientels zur Steuerpolitik in ihrem Wahlprogramm – die Aussagen muss man sich allerdings zusammesuchen. Steuerliche Rahmenbedingungen für Unternehmen sollen verbessert (etwa für "Wagniskapital"), der "Soli" abgeschafft, niedrige und mittlere Einkommen entlastet, bei der Grunderwerbsteuer ein Freibetrag eingeführt, die Erbschaft- und Schenkungsteuer gegen Verschärfungen geschützt werden. Die Vermögen- und Finanztransaktionssteuer werden abgelehnt. Wie die AfD befürworten die FDP eine Steuer- und Abgabenobergrenze sowie den Steuerwettbewerb, Aussagen zu Steuerhinterziehung und -betrug fehlen. Entlastungen sollen durch die aktuellen Überschüsse gegenfinanziert werden. Da diese auch wegbrechen könnten, bleiben auch hier zur strukturellen Gegenfinanzierung nur Leistungs- und Ausgabenkürzungen. Ein neoliberales Weiter-So ungeachtet der bekannten nationalen und globalen Probleme und ein Programm zum Weiterwachsen von Ungleichheit.
Die LINKE
- 11.6. Im Prinzip enthält das Wahlprogramm der LINKEN alles, was man sich zum Thema "Ungleichheit" und sozial-ökologischer Umbau wünschen kann. Es enthält aber viel zu viele und zu steile Forderungen, als dass es für SPD oder Grüne koalitionsfähig wäre. Also der Wunsch, profiliert in der Opposition zu arbeiten? Wenn die Enttäuschung mit der SPD wächst könnte die LINKE allerdings an Stimmen und Gewicht zulegen. Und Zugeständnisse könnte die Partei ja auch bei NATO, Geheimdiensten oder Russland machen, um in Koalitionsverhandlungen Kompromisse zu erzielen...
- 18.5. Fachgespräch zwischen Erzbischof Dr. Ludwig Schick und Sahra Wagenknecht zum Thema: „Christlich? Humanistisch? Für mehr Steuergerechtigkeit und gegen Armut“.
SPD
Während Reichensteuern Sigmar Gabriel keine Chance hatte, sind seit Martin Schulz' Kanzlerkandidatenkür erkennbar Sympathiendafür gewachsen. Angesichts der zwiespältigen Rolle von Schulz bei der Aufklärung des Luxemburg Leaks Skandals muss man sehen, ob dieses Thema sich weiter nach oben arbeitet und wie die Partei sich unter dem neuen Spitzenkandidaten dazu positioniert.
- 19.6. Die Parteispitze stellt ihre Steuerpläne vor – der große Wurf ist ausgeblieben, weil man wohl doch wieder eher nach der Mitte schielt als nach einem klassisch sozialdemokratischen Profil. Nun wird spannend, wie der Parteitag darauf reagiert.
- 17.4. Die bayerische SPD Landtagsfraktion fordert mehr Steuergerechtigkeit, darunter auch eine höhere Besteuerung von Vermögenden.